BUND deckt Einleitung von PFAS-verseuchten Abwässern auf – LANXESS-Konzern stoppt Produktion am Chempark Leverkusen

02. April 2024 | Umweltgifte, Nachhaltigkeit, Flüsse & Gewässer

Der Chemiekonzern LANXESS hat am Chempark Leverkusen die Herstellung eines Flammschutzmittels eingestellt. Dabei wurden gefährliche Ewigkeitschemikalien (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen; kurz: PFAS) eingesetzt. Der ehemalige BUND-Landesvorsitzender in NRW und Experte für Gewässerschutz, Paul Kröfges, hatte aufgedeckt, dass aus der Kläranlage des Chempark-Betreibers Currenta schon seit Jahren massiv PFAS-belastete Abwässer in den Rhein gelangten.

Die Abwasserbehandlung stößt bei PFAS klar an Grenzen. Gefährliche Stoffe gelangen immer wieder über Kläranlagen ungehindert in Flüsse und damit in die Umwelt.  (Bim / via canva.com)

Ausgangspunkt war eine tragische Explosion mit sieben Todesopfern in der Sondermüllverbrennungsanlage des Chemparks im Juli 2021. Dabei flossen nicht nur giftige Insektizide in den Rhein, sondern auch PFAS-haltiger Löschschaum zur Bekämpfung des entstandenen Großfeuers.  Anfragen des BUND Nordrhein-Westfalen bei den zuständigen Behörden und Recherchen des WDR machten anschließend deutlich, dass die Einleitung PFAS-kontaminierter Abwässer in den Fluss seit Jahren gängige Praxis war.

Untätigkeit der Behörden

Dabei wurde der vom NRW-Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) festgelegte Orientierungswert von maximal 35 Gramm täglicher Fracht regelmäßig und drastisch überschritten. Anhand der behördlich freigegebenen Zahlen errechnete Kröfges Einleitungen mit einem Spitzenwert von 4000 Gramm pro Tag im Jahr 2021. Für das gesamte Jahr 2022 ergab sich ein unfassbarer Mittelwert von 400-500 Gramm pro Tag!

Ist besagter Orientierungswert überschritten, müsste die zuständige Behörde eigenen Angaben zufolge eine Ursachenermittlung und Gegenmaßnahmen einleiten. Das ist trotz der erheblichen Überschreitungen im Jahr 2022 nicht passiert. Ein Großteil der PFAS-Einleitungen stammte dabei WDR-Recherchen zufolge aus der Produktionsanlage von Lanxess.

Produktion stoppt plötzlich

Der Produktionsstopp im Lanxess-Werk erfolgte im Stillen – ohne jede Ankündigung. Eigentlich hatte das Unternehmen den Einbau einer zusätzlichen Reinigungsstufe für seine Abwasseranlage Anfang 2024 geplant. Doch Ende 2023 wurde stattdessen die Produktion plötzlich eingestellt. Ob zu hohe Auflagen, wie von einigen Medien kolportiert, der Grund dafür waren, hat das Lanxess-Management bis heute nicht bestätigt.

Dass das Lanxess-Werk überhaupt eine Genehmigung von Chempark-Betreiber Currenta zur Einleitung von Abwässern besaß, offenbart massive Missstände bei der Überwachung solcher Genehmigungen. Angefangen bei der fehlenden Transparenz.

Gewässer sind wohl weiterhin belastet

Es steht zu vermuten, dass Lanxess nicht das einzige Unternehmen gewesen sein könnte, das PFAS ohne verbindliche Auflagen einleiten durfte. Auch ist nicht bekannt, ob noch weitere gefährliche Stoffe eingeleitet werden.

Im Jahr 2023 sind zwar die Werte für spezifische PFAS-Verbindungen in den Abwässern der Kläranlage Bürrig zurückgegangen. Allerdings ist der sogenannte AOF-Wert (adsorbierbares organisch gebundenes Fluor), der die Summe aller organischen Fluorverbindungen, darunter auch die PFAS-Verbindungen, abbildet, zum Teil sehr hoch. Dahinter könnten sich weitere bislang unbekannte PFAS-Verbindungen verbergen, die bislang von der Analyse nicht erfasst werden.

PFAS sind überall

Wegen ihrer Hitzebeständigkeit, wasser-, fett- und schmutzabweisenden Eigenschaften, werden PFAS in tausenden von Konsumprodukten eingesetzt –von Lebensmittelverpackungen, über Küchengeschirr, bis hin zu Kosmetika und Skiwachs. Sie sind aber auch extrem langlebig und mobil.

Gelangen die Industriechemikalien in die Umwelt, können sie bis in die entlegensten Gegenden der Welt Böden, Gewässer, Pflanzen und Tiere für Jahrhunderte belasten. Jede*r von uns trägt sie mittlerweile in sich. Studien wiesen ausnahmslos PFAS im Blut von Kindern nach. 20 Prozent der Kinder und Teenager in Deutschland haben potentiell gesundheitsschädliche Konzentrationen im Blut. Für die allermeisten der schätzungsweise mehr als 10000 PFAS-Verbindungen fehlen ausreichende toxikologische Daten. Die wenigen bislang gut untersuchten PFAS werden u.a. mit Schilddrüsenerkrankungen, Leberschäden, verringertem Geburtsgewicht, Fettleibigkeit, Diabetes sowie verringerter Wirkung von Routineimpfungen bei Kindern in Zusammenhang gebracht.

Der BUND fordert ein umgehendes Verbot von PFAS in Alltagsprodukten und einen Ausstieg aus Produktion und Verwendung dieser gesamten Stoffgruppe bis 2030. Für unverzichtbare Anwendungen, etwa im Medizinbereich, sollen befristete Ausnahmen bis zur Entwicklung geeigneter Alternativen möglich sein.

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